Change-Management: Wie Sie Mitarbeitende bei Veränderungen erfolgreich führen
von Gabriele Kaier, 07.05.2024
Stellen Sie sich vor, Ihr Unternehmen ist wie ein Schiff auf hoher See – ständig im Wandel und auf der Suche nach neuen Zielen. Change-Management dient als Segel für Ihr Unternehmen. René Meurer gibt Ihnen Informationen und praxisnahe Tipps zum Thema Change-Management, um Veränderungen erfolgreich zu meistern und Ihre Organisation in die Zukunft zu navigieren.
Emotionen sind wichtig beim Change-Management
Entscheidend für den Erfolg von Veränderungen ist, ob und inwieweit alle Beteiligten bereit sind, ihr Verhalten zu ändern. Change-Management erfolgreich zu gestalten, stellt daher eine große Herausforderung für Führungskräfte dar: Sie müssen einen wirksamen Weg finden, wie das neue Vorhaben implementiert werden kann und die Mitarbeitenden dieses akzeptieren und annehmen. René Meurer gibt Ihnen spannende Einblicke, auf was Sie dabei achten sollten. Er begleitet seit mehr als 20 Jahren Unternehmen bei Veränderungsprozessen.
Was ist Change-Management?
Bei Change-Management-Prozessen geht es um Vorhaben, die eine weitreichende Veränderung in einer Organisation bewirken sollen. Diese sind äußerst komplex und wirken sich auf Prozesse und Strukturen der Organisation sowie auf das kollektive und individuelle Verhalten der Mitarbeitenden und Führungskräfte aus.
Wir Menschen sind Gefühlswesen: Die Erfolgswahrscheinlichkeit von Veränderungsvorhaben steigt, wenn die Ebene der Emotionen und Beziehungen berücksichtigt wird. Was leider in der Praxis oftmals nicht der Fall ist. Was geht in Mitarbeitenden bei einer Verhaltensänderung vor und was müssen Sie daher als Führungskraft beim Change-Management berücksichtigen? Welche Rolle spielt Motivation dabei?
Welche Phasen durchlaufen Mitarbeitende beim Change-Management?
Erfolgreiche und nachhaltige Veränderungen sind davon abhängig, ob und inwieweit Führungskräfte und Mitarbeitende bereit sind, ihr Verhalten zu verändern – liebgewonnene Routinen zu verlassen. Folglich geht es auch um die Bereitschaft zur Selbstveränderung. Das Transtheoretische Modell von Prochaska liefert Antworten darauf, wie der Prozess der Selbstveränderung abläuft. Die wesentliche Erkenntnis daraus: Selbstveränderung ist meist ein länger dauernder Prozess, der in bestimmten aufeinanderfolgenden Stadien abläuft:
Die 6 Phasen des Transtheoretischen Modells
Phase 1: Sorglosigkeit
Es gibt kein Problembewusstsein und damit wird kein Anlass für eine Verhaltensveränderung gesehen. Es wird noch nicht wahrgenommen oder auch verdrängt, dass möglicherweise ein Problem besteht.
Phase 2: Bewusstwerdung
Es wird anerkannt und akzeptiert, dass es ein Problem gibt. Es gibt jedoch noch keine konkreten Pläne zur Verhaltensänderung. Die Vor- und Nachteile einer möglichen Veränderung werden abgewogen, und es wird sich oft intensiv mit dem Problem auseinandergesetzt.
Phase 3: Vorbereiten
Konkrete Ziele und Pläne über die Möglichkeit einer Veränderung werden gefasst.
Phase 4: Handeln
Das Verhalten wird aktiv verändert.
Phase 5: Dranbleiben
Das neue Verhalten muss aufrechterhalten werden. Ziel ist es, nicht in alte Routinen zu verfallen.c
Phase 6: Stabilisieren
Die alten Gewohnheiten sind überwunden. Eine neue Routine wurde erlernt.
Was ist die Rolle der Führungskraft beim Change-Management?
Nach dem Transtheoretischen Modell durchlaufen Menschen bei Veränderungen unterschiedliche Verhaltensstadien. Das stellt eine Herausforderung für Vorgesetzte dar, die Veränderungen im Unternehmen erfolgreich gestalten müssen. Denn: Jede/r durchläuft die Phasen mit seiner eigenen Geschwindigkeit und auch Führungskräfte selbst durchlaufen diese Phasen.
Führungskräfte befinden sich daher möglicherweise in einem Dilemma. Einerseits stecken sie selbst noch in der Phase der Bewusstwerdung, müssen auf der anderen Seite aber bereits die Mitarbeitenden in ihren Abteilungen in die neue Struktur führen. Und diese haben in der Regel unterschiedliche Einstellungen hinsichtlich der beschlossenen Veränderung. Es gibt Befürworter, Gegner und – das wird eher der Großteil sein – abwartende und eher desinteressierte Mitarbeitende.
Von Führungskräften wird aber erwartet, dass sie die Veränderung vorleben. Daher ist eine aktive und ehrliche Selbstreflexion wichtig. Außerdem wird erwartet, dass sie die Veränderung unterstützen und vorantreiben. Dazu brauchen diese eine Reihe unterschiedlicher Kompetenzen, wie beispielsweise eine transparente und ehrliche Kommunikation, ein konstruktiver Umgang mit Konflikten oder Widerstand. Und sie sollten am besten auch durch Change-Manager oder Coaches unterstützt werden.
Wie kann man die Mitarbeitenden gut auf die Veränderung vorbereiten?
Bei ernstgemeinten Change-Vorhaben spielen von Beginn an Ehrlichkeit und Transparenz eine große Rolle. Das berühmte „vom Hörensagen“ in Unternehmen muss weitestgehend vermieden werden. Sonst lauft man Gefahr, dass eine Dynamik entsteht, die nicht mehr zu kontrollieren ist und sehr kontraproduktiv auf eine Veränderung wirkt.
Sie sollten daher darauf achten, Mitarbeitende (und Führungskräfte) bereits sehr frühzeitig und dauerhaft zu integrieren – nicht zuletzt auch, um ihnen die Chance zu geben, zu reflektieren und zu akzeptieren, dass alte Gewohnheiten und liebgewonnene Routinen abgelegt werden müssen. Sie müssen immer im Hinterkopf haben, dass ein Großteil der betroffenen Mitarbeitenden und Führungskräfte sehr genau beobachtet und abwartet, was passiert. Es ist wichtig, diese Personen für die Veränderung zu gewinnen.
Das 8-Phasen-Modell zum Change-Management von Kotter bietet eine sehr gute Grundlage, um erfolgreich durch die Phase der Instabilität zu navigieren. Das Modell verbindet die beiden Ebenen, die Sachebene und die Ebene der Emotionen und Beziehungen, sehr gut miteinander. Und das Modell achtet darauf, dass Führungskräfte und Mitarbeitende integriert werden, so dass klar ist, was mit der Veränderung erreicht werden soll, dass konkrete Lösungen erarbeitet, ausprobiert und umgesetzt werden, dass kleine Erfolge schnell erreicht werden und schließlich neue Verhaltensweisen in der Kultur verankert sind.
Die 8 Phasen nach Kotter
Stufe 1: Gefühl der Dringlichkeit erzeugen
Eine gründliche Analyse der Marktlage und eine offene Darstellung der Umstände sind entscheidend, um zu vermitteln, warum Veränderungen unerlässlich sind. Verdeutlichen Sie die Dringlichkeit, um zukünftige Krisen zu vermeiden und die Mitarbeitenden davon zu überzeugen, dass Handeln geboten ist.
Stufe 2: Führungskoalition aufbauen
Für die Durchführung betrieblicher Veränderungen ist die Unterstützung durch eine leistungsfähige Gruppe, das Führungsteam, essenziell. Wählen Sie Mitstreitende mit Führungsqualitäten aus, die Sie aktiv im Change-Management-Prozess begleiten und die Realisierung des Wandels vorantreiben.
Stufe 3: Vision und Strategie entwickeln
Ein sorgfältig geplanter Fahrplan ist die Grundlage für jede Veränderung. Entwickeln Sie eine Strategie, die aus einer klaren Vision und definierten Zielen entsteht. Legen Sie dabei Maßnahmen fest, die für jeden nachvollziehbar, machbar und konkret sind, und sorgen Sie für genügend Anpassungsspielraum.
Stufe 4: Vision des Wandels kommunizieren
Klare und fortwährende Kommunikation ist essenziell, um alle Führungskräfte und Mitarbeitende über die Ziele und den Prozess des Wandels auf dem Laufenden zu halten. Das sichert langfristige Akzeptanz und Unterstützung für die Veränderung.
Stufe 5: Mitarbeitende auf breiter Basis befähigen
Ermöglichen Sie es Ihren Mitarbeitenden, zur Veränderung beizutragen, indem Sie Hemmnisse abbauen. Optimieren Sie bestehende Prozesse, holen Sie externe Beratungen ins Unternehmen und motivieren Sie Ihre Belegschaft durch entsprechende Weiterbildungsangebote, den Wandel aktiv mitzugestalten.
Stufe 6: Schnelle Erfolge erzielen
Change-Management kann langwierig sein. Um den Glauben an das Projekt zu stärken, sind schnelle und sichtbare Erfolge wichtig. Legen Sie kleinere, erreichbare Teilziele fest, um die Motivation hochzuhalten.
Stufe 7: Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen einleiten
Ruhen Sie sich nicht auf den ersten Erfolgen aus, sondern nutzen Sie diese als Fundament für weitergehende Veränderungen. Setzen Sie neue Prozesse in Gang, die den Wandel fördern, und betonen Sie kontinuierlich die Notwendigkeit der Transformation.
Stufe 8: Neue Ansätze in der Kultur verankern
Für den langfristigen Erfolg müssen die Veränderungen Teil der Unternehmenskultur werden. Gewährleisten Sie dies durch stetige Kommunikation über die Errungenschaften des Wandels und die Bedeutung seiner Aufrechterhaltung, um Rückschritte zu vermeiden.
Was können Führungskräfte im Veränderungsprozess tun, um die Veränderung erfolgreich zu gestalten?
Reflektieren auch Sie als Führungskraft Ihr Verhalten
Wenn Sie als Führungskraft dafür verantwortlich sind, die angestrebten Veränderungen in Ihrem Bereich umzusetzen, dann stehen Ihnen einige Methoden und Instrumente zur Verfügung. Ich denke jedoch, dass zu Beginn die eigene Haltung der Veränderung gegenüber reflektiert werden muss. Wie stehe ich dazu? Welche Auswirkungen hat die Veränderung auch auf meine Position? Das sind Fragen, die Sie sich als Führungskraft stellen sollten. Hierbei kann – und sollte sich eine Führungskraft bei Bedarf Unterstützung durch die/den eigene/n Vorgesetzte/n, eine/n Mentor/in oder Coach holen. Außerdem ist die Zusammenarbeit mit dem Change-Initiator oder den Change-Managern wichtig. Offene, ehrliche und regelmäßige Kommunikation ist hier unerlässlich. Der berühmte „Draht nach oben“ muss gehalten werden.
Holen Sie sich Befürworter/innen und Skeptiker/innen ins Team
Auch die Zusammensetzung eines Teams spielt eine wichtige Rolle. Aus meiner Erfahrung sollte ein Team aus Personen bestehen, die sehr wahrscheinlich die Veränderungen mittragen werden, aber auch aus Personen, die eher skeptisch sind. Wenn es Ihnen gelingt, die Abwartenden oder Skeptischen zu überzeugen, dann wirkt sich das sehr positiv auf die Veränderungen aus. Ich habe das auch in der Praxis schon öfters erlebt: Aus einer Skeptikerin/einem Skeptiker wurde ein/e absolute/r Befürworter/in einer Veränderung.
Machen Sie Veränderungen begreifbar
Eine gute Möglichkeit, einen Change-Prozess zu initiieren ist die sogenannte Sprungbrett-Rede von Steve Denning. Hier steht die erfolgreiche Initiierung einer Veränderung im Vordergrund. Zentraler Bestandteil ist die „Wohin wir gehen“-Geschichte. Gute Sprungbrett-Geschichten sorgen für eine emotionale Verbindung zwischen allen Beteiligten. Sie erzeugen Energie und Motivation zum Erreichen der gewünschten Ziele und verdeutlichen die Notwendigkeit der Veränderung.
Bereiten Sie Veränderungsprozesse professionell vor
Weitere Methoden, die auch aus dem Projektmanagement bekannt sind und helfen, einen Change-Prozess vorzubereiten sind zum Beispiel die Risiko- oder die Stakeholderanalyse. Sie sollten im Vorfeld festlegen, wie Sie mit Risiken umgehen bzw. was Sie tun müssen, um die Wahrscheinlichkeit zu mimieren, dass Risiken eintreten. Auf Basis der Stakeholderanalyse können Sie eine Kommunikationsmatrix aufbauen: Wen muss ich wann zu welchen Themen gezielt informieren? Denn: Mitarbeitende (und Führungskräfte) müssen regelmäßig, offen und klar über die Veränderung und den aktuellen Stand informiert werden.
Vergessen Sie nicht Ihre Mitarbeitenden zu loben und Anerkennung zu äußern
Nicht zuletzt sollten Sie darauf achten, auch kleine Veränderungen zu feiern. Nichts motiviert mehr, als dass Sie erkennen, dass die kleinen Veränderungen sich positiv auf sich und die Organisation auswirken.
Wie geht man mit Rückfällen beim Change-Management um?
Hier stehen wieder die eigene Haltung und Einstellung im Vordergrund. Es geht darum, konsequent nach vorne zu schauen. Dazu gehört jedoch, auch Rückfälle zu akzeptieren. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Sie von der Phase des „Dranbleibens“ zur Phase der „Bewusstwerdung“ zurückfallen – möglicherweise mehr als nur einmal. Wichtig ist es, dies zu akzeptieren und nicht als persönliches Scheitern zu betrachten. Wir können uns vorstellen, dass ein Verhalten (eine Gewohnheit) ein gut eingelaufener „Trampelpfad“ im Gehirn ist. Es gilt also, einen neuen zu finden und diesen einzulaufen. Das ist möglich, erfordert aber den konsequenten Willen, Mut und auch Zuversicht. Sind Sie zurückgefallen, dann heißt die Devise: Neuen Anlauf nehmen und aktiv an der erfolgreichen Veränderung arbeiten.
Fazit
Menschen sind Gefühlswesen, die nicht ausschließlich nach rationalen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten denken und handeln. Daher ist es entscheidend, dass beim Change-Management die Emotionen und Beziehungen der Mitarbeitenden und Führungskräfte berücksichtigt und in den Prozess miteinbezogen werden. Ob Veränderungsprozesse gelingen, hängt zum wesentlichen Teil vom Verhalten der Führungskräfte ab. Diese müssen Widerstände der Mitarbeitenden abbauen und die Veränderungsbereitschaft fördern. Wichtig dabei ist, dass die Mitarbeitenden aktiv eingebunden werden und regelmäßig und offen über den Stand der Veränderung informiert werden. Als Führungskraft sollten Sie Ansprechpartner/in für die Sorgen und Bedenken der Mitarbeitenden sein. Und auch Sie müssen lernen, Ihr Verhalten immer wieder, im Sinne der Veränderung, zu reflektieren und sich selbst durch den Prozess der Veränderung führen.
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