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Meetings und Präsentationen: Inhaltliche Brillanz ist nicht die einzige Kommunikation

von Gabriele Kaier, 13.09.2021

Bei Meetings, Präsentationen, aber auch Online-Videokonferenzen treffen verschiedene Kommunikationstypen aufeinander. Während die einen zuerst die Rangordnung festlegen müssen, kommen die anderen auf Anhieb zur inhaltlichen Diskussion. Wenn diese Verhaltensweisen aufeinandertreffen und einfach ignoriert werden, so Dr. Peter Modler, renommierter Coach und Bestseller-Autor, können keine zielführenden Gespräche stattfinden. Wir haben mit Herrn Dr. Modler gesprochen, wie Menschen miteinander kommunizieren können, und zwar nicht nur verbal, damit jeder seine Ziele erreicht.

High-Talk, Base-Talk, Move-Talk – diese sprachlichen Tools sollten Sie können

Wir alle können uns noch gut an die Wahlkampf-Debatten zwischen H. Clinton und D. Trump erinnern. Während Hillary Clinton gewissenhaft vorbereitet war und inhaltlich argumentiert hat, ließ Trump sie ins Leere laufen und sagte lediglich “Wrong” und das wiederholte er mehrfach.

Solche Szenen gibt es aber nicht nur in der Politik. Diese begegnen uns auch im täglichen Geschäftsleben: Ein Techniker hält einen detailreichen Vortrag und der Vorstand sagt nur: „Damit holen Sie mich nicht ab.“ Mit dieser einen Formel macht er den Mitarbeiter platt. Oder stellen Sie sich eine andere Situation bei einem Vortrag vor: Jemand leitet ein Meeting und wird bei seiner Vorstellung mehrmals unterbrochen, es finden Seitengespräche statt oder ein anderer ist mit seinem Handy beschäftigt.

Wie soll man auf solche unsachlichen “Angriffe” reagieren? Wie verschafft man sich in derartigen Situationen bei seinem Gegenüber oder beim Publikum Gehör? Dr. Modler, langjähriger Manager, Unternehmensberater, Lehrbeauftragter und Bestseller-Autor des Buches “Mit Ignoranten sprechen. Wer nur argumentiert, verliert.” hat uns im aktuellen Experteninterview erzählt, warum man sich hier mit bloßem Ignorieren oder Fortsetzen der Argumente keine Aufmerksamkeit verschaffen kann bzw. zu keinem zielführenden Gespräch findet.

Warum gibt es in Meetings Gewinner und Verlierer? Geht es nicht eigentlich in erster Linie um den Inhalt?

Bei Ihnen ist das vielleicht so; bei anderen nicht. Sie werden doch bestimmt auch schon erlebt haben, dass manche Leute sich in Meetings von Anfang an mit ganz anderen Dingen beschäftigen als sofort mit den Inhalten. Da gibt es Seitengespräche, wird am Handy gespielt, eine Mail bearbeitet, irgendwas gemacht, aber nichts, was mit dem Thema des Meetings zu tun hat. Es ist aber immer bedeutsam, was da tatsächlich passiert, auch wenn es mit Inhalten nicht gleich etwas zu tun hat. In der Regel sind das sogar Botschaften, die man nicht ungestraft ignoriert. Von Gewinnern und Verlierern würde ich da allerdings gar nicht reden, eher von naivem Kommunizieren. Wenn man aneinander vorbeiredet, hat am Ende nämlich kaum jemand was davon.

Wer sind die Gewinner und was machen die Verlierer falsch in der direkten Konfrontation?

Die amerikanische Soziolinguistik hat schon Anfang der 1990er-Jahre zwei große Sprachsysteme identifiziert, die sich auch in Meetings deutlich zeigen. Im sog. „horizontalen“ System tauscht man ab der ersten Sekunde geradezu egalitäre Informationen aus und gibt sich Zeichen der Zugehörigkeit. Hierarchische Themen spielen keine Rolle. Im zweiten System allerdings, dem sog. „vertikalen“, ist das völlig anders. Sobald sich hier eine Gruppe bildet, müssen schnellstmöglich Rang- und Revierfragen geklärt, sonst können diese Vertreter kaum produktiv werden. Die Rangklärung gibt ihnen Sicherheit und Motivation. Eine ausbleibende Rangklärung desorientiert sie und lähmt sie. Wenn also jemand gerade ein Rangspiel spielt, ich aber mit Inhalten antworte, erreiche ich ihn nicht. „Falsch“ wäre eigentlich nur, wenn ich jemanden mit einer Sprache anspreche, die diese Person aktuell gar nicht benutzt. Ich rede Russisch mit Dir, weil ich davon überzeugt bin. Das verstehst Du nicht? Du bist aber blöd. Dabei hat mein Gegenüber die ganze Zeit auch geredet, nur halt deutsch. Wovon er auch überzeugt war. Hat nur keinerlei Verständigung gebracht. So ist das auch mit horizontal und vertikal.

Welche kommunikativen Werkzeuge beherrschen Gewinner?

Sie sind mehrsprachig und können in die beiden Systeme switchen, je nach Bedarf. Eigentlich ein Grunderfordernis von Führung. Wenn die eine Seite bei der Begrüßung sagt: „Ich bin der Geschäftsführer“, die andere aber antwortet „Mein Name ist Laura“, ist das bereits eine Systemkonfrontation. Denn die eine Seite bittet um eine Rangklärung, während die andere eine Zugehörigkeitsbotschaft gibt. Professionell wäre gewesen: „“Ich bin der Geschäftsführer“ versus „Ich bin die Vorständin“ (vertikale Variante), Vornamen später oder gar nicht; oder andererseits: „Ich bin Laura“ versus „Ich bin Wolfgang“ (horizontale Variante), und später erfahren wir unsere Funktionen.

Warum geht man unter, wenn man gegen Ignoranten „nur“ argumentiert?

Weil ich Zuhörbereitschaft sehr oft überhaupt erst herstellen muss und sie nicht voraussetzen kann. Der Begriff „Ignorant“ ist etwas doppelbödig, weil ich ja meistens andere damit etikettiere. In Wirklichkeit ist die verächtliche Verwendung dieses Begriffs oft ein Indiz dafür, dass ich selbst zu wenige sprachliche Tools kenne. Manche Leute erreiche ich nur mit einfachen verbalen Botschaften, die ich mehrfach wiederholen muss, oder mit einer choreografischen Aktion in einem Meeting. Das ist Bestandteil eines umfangreicheren Repertoires als die Engführung auf nur den kleinen Ausschnitt von Kommunikation, den eine veritable Argumentation darstellt.

Welche Mechaniken führen zu Lähmung und Niederlage, auch wenn man argumentativ eigentlich stärker ist?

Das fundamentalistische Beharren auf meinen sprachlichen Gewohnheiten. Ich muss mal aufhören zu glauben, was mir Schule und Uni eingeredet haben, nämlich, dass es beispielsweise außer inhaltlicher Brillanz keine Kommunikation gebe. Wenn ich eine Präsentation mache, präzise und detailliert, und dann sagt der Vorstand: „Haben Sie immer so einen kurzen Rock an?“, dann ist doch hoffentlich klar, dass a) das ein Angriff auf meine Kompetenz ist, b) ich das jetzt nicht ignorieren sollte und c) ich nicht einfach weiter argumentieren kann. Was in so einem Fall oft hilft: nicht sachlich weiterreden. Sondern mit einem neutralen Gesichtsausdruck langsam auf jemanden zugehen, dann den Rang klären „Sie sind der Vorstand. Ich bin die Abteilungsleiterin“. Jetzt wird er mir garantiert zuhören und dann ankündigen, was ich mache: „Und ich fahre jetzt fort“. Das ist souverän, aber Argumente spielen im Konflikt selbst eine nachgeordnete Rolle. Danach schon.

Welche Sprachmöglichkeiten sollte man in Meetings bzw. Präsentationen unbedingt beherrschen?

Zumindest sollte man verstehen, wie Vertikale im Konflikt eskalieren. Die wirkungsloseste Ebene ist dann nämlich der sog. „High Talk“, das verbale und argumentierende Auftreten. Es wäre wesentlich effizienter, wenn Sie bei einer Konfrontation „Basic Talk“ machen – das ist zwar noch verbal, aber überhaupt nicht intellektuell. Kurze, unoriginelle, langsam ausgesprochene Formulierungen, gern in Endlosschleife wiederholt. Beispielsweise: „Das passt nicht zu uns“, wenn man das gegenüber dem Kollegen fünfmal wiederholt, während der gerade stolz sein Projekt vorstellt. Das kann sehr wirksam sein. Oder „So geht das nicht“, oder „So kann man das nicht sagen“ oder ähnlich. Basic Talk.

Aber die Krönung für Vertikale ist die Eskalation zum „Move Talk“: Da wird gar nichts mehr verbal, sondern nur noch etwas mit dem Körper im Raum gemacht. Kann vernichtend sein. Beispielsweise: Da kommt ein Vorschlag im Meeting, Sie schauen die Person neutral an und zelebrieren langsam vor aller Augen schweigend das Eingießen von Wasser in Ihr Glas. Bevor Sie am Ende etwas verächtlich den Kopf schütteln. Oder Sie stehen auf und machen das Fenster auf. Vernehmbar mitleidig seufzend. Da spielt die Musik.

Die Regel ist dabei: High Talk macht nur Sinn, wenn die andere Seite das auch macht. Wenn aber das Gegenüber auf Basic Talk eskaliert, sollte ich auch dorthin. Wenn sie Move Talk macht, eskaliere ich eben auch. Aber nicht Move Talk mit noch mehr verbalen Details beantworten. Gilt natürlich genauso im Umgang mit Kunden.

Müssen wir jetzt auch in Gesprächen inhaltslos sein und lügen, à la Donald Trump, um gehört zu werden?

Ich empfehle, vom hohen moralischen Ross herunterzusteigen und einfach mal zu betrachten, was für Tools da eingesetzt wurden. Selbstverständlich geht es nicht um Lügen. Aber im Wahlkampf 2016 zwischen H. Clinton und D. Trump konnte man deutlich sehen, dass eine intelligent argumentierende Person völlig lahmgelegt wurde durch einfachste, unoriginelle Formulierungen. Wenn ich eine differenzierte Argumentationskette entwickle und auf der anderen Seite sagt mir jemand mehrfach bloß „Stimmt nicht“ oder „Das glaubst auch nur Du“, dann kann ich mir irgendwann dieses Argumentieren sparen. Da trifft Basic Talk auf High Talk, und leider setzt sich der Basic Talk durch. Das hat Clinton einfach nicht verstehen wollen. Hat man in Yale wahrscheinlich auch nicht trainiert. Auf den Gedanken, diesen Basic Talk Trumps mit einem ebenso einfachen Basic Talk zu beantworten, kam sie nicht („Das stimmt ganz sicher“, oder „Das glauben die meisten“ oder vergleichbar geistreich). Wenn man merkt, dass der Switch zwischen den Systemen schwerfällt, sollte man das mit einem externen Coach üben. Man kann das ziemlich rasch lernen.

Sie führen in Ihrem Buch zehn Tipps im Umgang mit Ignoranten an. Welche Regeln sollte man sich davon unbedingt aneignen?

Keines der beiden Systeme ist besser oder schlechter als das andere. Wenn die Naivität aufhört, sind sie sogar ein ausgesprochenes Dream-Team! Insofern wäre aus meiner Sicht die wichtigste Regel, die Fremdheit der anderen Sprache zuzulassen, ohne sie reflexmäßig abzuwerten. Es gibt da eine unterschiedliche Bedürftigkeit in der Sprache, und die hat ihre eigenen Rechte. Wenn ich damit kompetent umgehe, steigt ganz nebenbei auch die Produktivität.

Zur Person

Dr. Peter Modler kann auf eine langjährige Führungspraxis als Manager, Sanierer und Unternehmer verweisen. Er führt seit 1998 eine eigene Unternehmensberatung, ist Lehrbeauftragter an der Universität Freiburg i. Br., Lehr-Coach und Bestseller-Autor des Buches „Mit Ignoranten sprechen. Wer nur argumentiert, verliert“.

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