Home > Ressourcen > Blog > Hat das klassische Zeitmanagement ausgedient? Das neue kreative Zeitmanagement – Experteninterview

Hat das klassische Zeitmanagement ausgedient? Das neue kreative Zeitmanagement – Experteninterview

von Gabriele Kaier, 12.12.2017

In einer kreativ-chaotischen Zeit, die schnell, komplex und voller Überraschungen ist, funktionieren Methoden für Selbst- und Zeitmanagement aus der Vergangenheit nicht mehr. Wir benötigen ein neues, kreatives Zeitmanagement, das diesen agilen Anforderungen Rechnung trägt. Wir haben mit Cordula Nussbaum geplaudert, sie gilt als die führende Expertin im Bereich Zeitmanagement. Mit ihren Zeitmanagement-Tipps unterstützt sie kreative Chaoten und Menschen in einem agilen Arbeitsalltag.

Cordula Nussbaum hat einen Selbstmanagement-Ansatz entwickelt, der dem neuen Arbeitsalltag gerecht wird und gleichzeitig auf die einzelne Persönlichkeit eingeht. Sie unterscheidet zwei Typen beim Zeitmanagement: kreative Chaoten und logische Ordner.

Interview mit Cordula Nussbaum über ein neues Zeitmanagement

Sie sagen, wer mit den traditionellen Techniken des Zeitmanagements nicht zurechtkommt, ist nicht unfähig: Er braucht nur andere Methoden. Warum funktionieren herkömmliche 0815-Zeitmanagement-Tipps bei den meisten Menschen nicht mehr heutzutage?

Unsere Welt hat sich verändert. Wir leben heute in einem sehr schnellen, agilen, dynamischen Alltag, der nicht mehr akkurat planbar ist. Und deshalb funktionieren die Methoden, die aus einer sehr linearen, strukturierbaren Vergangenheit stammen, nicht mehr. Denken Sie nur daran, dass es zur Erfindung der Methode „Plane jeden Tag Deinen Tag 10 Minuten lang, und Du schaffst alles, was Du schaffen willst!“ gerade mal Festnetztelefone gab und die Schneckenpost einmal am Tag kam. Heute kommen auf zig Kommunikationswegen im Sekundentakt neue Aufgaben herein, die dann vielleicht sogar Prio haben. Aus diesem Grund dürfen wir die Methoden ändern. Noch dazu wenn Sie eher zu den Kreativen Chaoten zählen.

Sie sprechen in Ihrem Buch von kreativen Chaoten und logischen Ordnern. Können Sie uns kurz beschreiben, was die zwei Typen ausmacht und warum Sie diese beiden im Zusammenhang mit Zeitmanagement unterscheiden?

Kreative Chaoten sind Menschen, die gerne spontan und flexibel leben, sie probieren gerne aus, stürzen sich auf alles, was neu ist, Abwechslung ist ihr Lebenselixier. Und sie sind auch häufig sehr mensch-orientiert und sehr hilfsbereit. Logische Ordner hingegen lieben es, Zeitpläne zu erstellen und sich daran zu halten. Sie planen sehr gerne und akkurat weit voraus, und mögen überraschende Plan-Änderungen nicht wirklich. Zudem sind sie häufig sach-orientiert.

Warum unterscheide ich diese Typen? Logische Ordner kommen in der Regel sehr gut mit den Methoden aus dem klassischen Zeitmanagement klar – weil es genau ihrer Denke, ihrer natürlichen Herangehensweise entspricht. Was meine ich mit „in der Regel“? Es klappt bei ihnen, wenn ihr Alltag sehr gut planbar ist. Ist der Alltag hingegen agil, dann scheitern auch sie.

Anders bei den kreativen Chaoten: diese planen nicht gerne, bzw. halten sich nicht gerne an ihre Pläne – weil alles was neu daher kommt so viel spannender ist. Sie reiben sich am klassischen Zeitmanagement auf – blühen aber im agilen Alltag auf. Das ist ihre Welt.

Bitte erklären Sie uns Ihren kreativ-chaotischen Ansatz.

Mein Ansatz trägt vor allem den besonderen Herausforderungen der kreativen Chaoten Rechnung, den Polypotentials, den Querdenkern, den Neue-Wege-Gehern, den Scannern. Und er erlaubt eine sehr viel spielerischen Herangehensweise, viel Freiraum und viel Flexibilität, um sich und seine Aufgaben, aber auch sein Leben zu gestalten. Er versteht ständige Veränderung als wertvolle Triebfeder für Erfolg und zwingt die Menschen nicht zu einem „so geht das!“, sondern motiviert zu einem individuellen Vorgehen.

Was versteht man unter einem kreativen Zeitmanagement?

Kreatives Zeitmanagement löst sich von den Dogmen des klassischen Zeitmanagements und trägt zum einen dem natürlichen Organisationsstil jedes Einzelnen Rechnung, sowie den Anforderungen unseres Alltags. Es bedeutet, dass wir kreativ die Methoden so auf unsere Bedürfnisse anpassen können, damit sie uns maximal gut unterstützen. Die Ideen, die ich in meinen Büchern, Seminaren oder Vorträgen teile sind dann vor allem Ideen, die Kreativen Chaoten und Menschen in einem agilen Alltag helfen.

In Ihrem Buch gibt es einen Selbst-Check zu welchem Typ man gehört. Warum ist es für ein erfolgreiches Zeitmanagement wichtig, dass wir uns selbst besser einschätzen?

Wenn wir uns mit 0815-Methoden organisieren, dann reiben wir uns in der Regel an Tools auf, die definitiv nicht zu uns, unserem natürlichen Organisations-Stil passen. Dann reduzieren To-Do-Listen oder „Prioritäten setzten nach Eisenhower“ nicht unseren Stress – sondern erzeugen sogar noch mehr Stress und Frust. Den Check aus dem Buch können Sie übrigens auch gleich online machen, im Gratis-Check „Chaot oder Systematiker“. Sie erhalten dann Ihren persönlichen Organisationsstil plus Sofort-Tipps für Ihr individuelles Zeitmanagement.

Sie sehen eine chaotische Veranlagung als Vorteil, “Chaos” sogar als Kraftquelle. Was kann man sich darunter vorstellen? Was sind die Stärken der kreativen Chaoten?

In meinem Buch „Organisieren Sie noch oder leben Sie schon?“ nenne ich 10 Gründe, warum Kreative Chaoten stolz auf sich sein dürfen. Einer davon ist, dass kreative Chaoten uns voranbringen. Ohne kreative Ideen, Querdenken und Luftschlösser ist Stillstand und sogar Bankrott vorprogrammiert. Unzählige Unternehmen, die in den letzten Jahrzehnten »Business as usual« betrieben haben, haben uns gezeigt, wo sie damit landen: sie haben wichtige Innovationen verschlafen, ja sogar bahnbrechende Technologien wie die Digitalisierung. 40 Prozent der Insolvenzverwalter glauben, dass »Investitionsfehler« und »falsche Produktionsplanung« geradewegs in die Insolvenz führen. Ein 2. Grund ist, dass kreative Chaoten erfolgreicher sind, weil sie Chancen beim Schopf packen. Was haben der britische Unternehmer Richard Branson (Virgin Group) sowie die Top-Köchin Sarah Wiener gemeinsam? Sie sind offen für Neues, experimentieren gerne und greifen zu, wenn sich ihnen Chancen bieten.

Branson wird in seinem bunten Multikonzern (unter anderem Schallplatten, Handys, Zeichentrickfilme, Hochzeitskleider, Bücher, Comics, Flugzeuge, Züge, Weltraumfahrten) von den Mitarbeitern als »Dr. Yes« bezeichnet. Der Grund: Prinzipiell ist Branson immer von der Machbarkeit einer Sache überzeugt. Er sagt eher »Ja« als »Nein« und sein Motto lautet: »Geht nicht, gibt’s nicht!« Seit seinen ersten Tagen als Unternehmer – als Jugendlicher brachte er eine Zeitschrift heraus – bis heute, da er mit »Virgin Galactic« die ersten Weltraum-Urlaubsfahrten anbietet, ist der Brite ein Ausprobierer und Experimentierer.

»Ich bin Chaot und denke nicht darüber nach, was mir nützlich sein könnte«, sagt Sarah Wiener, die als »Mamsell« in der Zeitreisen-Serie Abenteuer 1900 – Leben im Gutshaus entdeckt wurde. Heute ist die ehemalige Sozialhilfeempfängerin und alleinerziehende Mutter eine bekannte Köchin, Unternehmerin (die Autodidaktin führt mehrere Restaurants und ein Catering-Unternehmen), Fernsehstar und Kochbuchautorin.

Ich stelle die Behauptung auf, dass kreative Chaoten beruflich erfolgreicher sind, weil sie mehrere Dinge parallel machen und damit in kürzerer Zeit mehr Erfahrung, Wissen und Fähigkeiten sammeln und mehrere Ziele gleichzeitig erreichen können.

Warum sollten kreative Chaoten Ihr Zeitmanagement verbessern?

Sollen Sie gar nicht (lacht). Denn es gibt viele Kreative Chaoten, die machen intuitiv alles richtig, und nehmen sich die Zeit für die wichtigen Aufgaben, für die schönen Aktivitäten im Leben. Wenn das bei Ihnen der Fall ist – klopfen Sie sich auf die Schulter und loben Sie sich! Greifen Sie nur zu neuen Ideen, wenn Sie sich gestresst fühlen, wenn Sie schlecht schlafen vor lauter unerledigtem Zeug oder Sie das Gefühl haben, es ist momentan einfach zu viel. Zeitmanagement zum Selbstzweck ist Quatsch. Wir brauchen es nur, wenn wir uns einen echten Gewinn davon erwarten können.

Kreative Chaoten sind gegen die Tools des klassischen Zeitmanagements resistent, welche speziellen, neuen Lösungen offerieren Sie diesen?

Ich picke mal drei Tipps heraus aus der Fülle:

  • Tipp 1: Machen Sie keine To-Do-Liste, sondern eine Reisende To-Do-Sammlung
  • Tipp 2: Vergessen Sie das Eisenhower-Prinzip, schlagen Sie lieber eine Schneise mit Fragen wie „Was bringt mich/das Unternehmen/das Team heute wirklich weiter?“ Oder: „Wo brennt was an, wenn ich es nicht tue?“
  • Tipp 3: Vertrauen Sie darauf, dass Sie keine Lebensziele brauchen – ein grober Korridor in Ihrem Meer der Möglichkeiten, ausgeleuchtet von attraktiven Leitsternen reicht Ihnen als kreativer Chaot völlig aus. Das erarbeiten beispielsweise die Teilnehmer des Online-Kurses „Geht ja doch!“ für sich – mit Erfolg.

Es gibt zahlreiche Bücher zum Thema Zeitmanagement, was unterscheidet Ihr Buch/Ihre Tipps von beispielsweise “Simplify your life” oder “Getting Things done”?

Die beiden genannten Bücher nehmen nicht explizit Rücksicht auf den individuellen Organisationsstil der Leser. „Getting things done“ ist hervorragend geeignet für sehr systematische Menschen, die Spaß daran haben, jeden Tag sehr systematisch die Vorgänge von einem Ort an den anderen zu legen, um sie dann mal abzuarbeiten. Die Kreativen Chaoten steigen nach der für mich sehr sinnvollen „Sammlung“ der Aufgaben in der Regel aus. Die Simplify-Reihe mag ich, weil sie uns hilft von Grund auf Dinge, Abläufe in unserem Leben zu vereinfachen und mit der Pyramide sehr systematisch durch unsere Lebensbereiche geht.

Ich glaube, der größte Unterschied zwischen den zahlreichen Ratgebern liegt immer auch in der Sichtweise der Autoren auf das Thema. Und weil jeder von uns leicht oder komplett anders auf das Thema blickt, werden die Leser dann auch sich zu dem Buch hingezogen fühlen, das ihrer Sichtweise am besten entspricht oder in der jeweiligen Lebenssituation am besten hilft.

Vielen Dank für das Interview!

Fazit

Ein neues Zeitmanagement soll auf den individuellen Organisationsstil jedes Einzelnen eingehen und gleichzeitig den agilen Anforderungen des Arbeitsalltags entsprechen. Es ist die Zeit für kreative Chaoten: Früher waren sie die Außenseiter, aber in der heutigen sich schnell ändernden Arbeitswelt sind sie gefragter denn je. Denn Unternehmen arbeiten daran, schneller, innovativer oder agiler zu werden und genau darin liegt ihr Potenzial. Der kreative Zeitmanagement-Ansatz von Cordula Nussbaum soll kreativen Chaoten und Menschen in der agilen Welt helfen, sich besser zu organisieren.

Über Cordula Nussbaum

Cordula Nussbaum beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit den Geheimnissen unseres persönlichen Erfolges. Sie zählt zu den “TOP 100 Excellent Speaker“, ist “Trainer des Jahres 2015” und internationale Bestseller-Autorin zahlreicher Fachbücher zum Thema Selbst- und Zeitmanagement.

30 Tage kostenlos testen

Jetzt testen!

Probieren Sie TimeTac kostenlos aus

So einfach und unkompliziert kann Zeiterfassung und Urlaubsverwaltung sein. Testen Sie TimeTac jetzt 30 Tage unverbindlich und überzeugen Sie sich von den Vorteilen der modernen TimeTac Online-Zeiterfassung. Keine Kreditkarte notwendig! Der Testaccount endet automatisch.

30 Tage kostenlos testen